Kurz und knapp
Der Wahlmaschinen-Hersteller Dominion Voting Systems wollte den Medien-Konzern Fox News wegen Verleumdung auf 1,6 Milliarden Dollar Schadensersatz verklagen. Fox News hatte lange Zeit behauptet, die Maschinen seien am angeblichen Wahlbetrug und der Niederlage Trumps beteiligt gewesen. Die Beweislage dafür, dass Fox News die angeblichen Wahlfälschungen wider besseres Wissen weiter verbreitete, schien wohl so eindeutig, dass sich die beiden Parteien noch vor Prozessbeginn auf eine außergerichtliche Einigung von 787,5 Millionen Dollar einigten.
Die ukrainische Regierung hat unter großer Kritik von Journalismus-Verbänden die Berichterstattung an der Front eingeschränkt. Es soll nun drei Zonen geben, die grüne, gelbe und rote Zone. Nur in grünen Zonen ist die Berichterstattung noch frei möglich, in gelben Zonen ausschließlich in Begleitung eines Presseoffiziers und in roten Zonen gar nicht mehr.
Der brasilianische Präsident hat den chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Peking getroffen. Dort hat er die USA dazu aufgerufen, damit aufzuhören „den Krieg zu fördern“, sie und die EU solle stattdessen „anfangen, über Frieden zu reden“.
International
Der Ukraine-Krieg und die Bereitschaft, die westlichen Reaktionen zu unterstützen (oder abzulehnen), würde die immer weiter voranschreitende Teilung der Weltgemeinschaft sichtbar machen, meint GIDEON RACHMAN in der Financial Times. Die bevorzugten Botschaften Xis und Chinas an die Welt seien eindeutig: „‚Während Amerika den Krieg fördert, fördert China den Frieden. Während China den Handel fördert, verhängt Amerika Wirtschaftssanktionen.‘“
Diese Entwicklungen bereiten in Washington einige Sorgen. Larry Summers, der ehemalige US-Finanzminister, sprach letzte Woche von „beunruhigenden“ Anzeichen dafür, dass Amerika weltweit an Einfluss verliert. Er fügte hinzu, dass ihm jemand aus einem Entwicklungsland gesagt habe: „‚Was wir von China bekommen, ist ein Flughafen. Was wir von Amerika bekommen, ist eine Belehrung.‘“ Für Länder wie China, Indien oder Brasilien möge der Krieg in der Ukraine vielleicht bedauerlich sein. Aber sie sähen ihn als einen Konflikt an, der durch das Streben nach Waffenstillständen und Kompromissen zu bewältigen sei. „Der indische Außenminister S. Jaishankar brachte die Weigerung des Globalen Südens, sich der Ächtung Russlands anzuschließen, mit der viel zitierten Klage auf den Punkt, Europa denke, dass ‚Europas Probleme die Probleme der Welt sind, aber dass die Probleme der Welt nicht Europas Probleme sind‘.“
Der ehemalige georgische Präsident Micheil Saakaschwili läge mit hagerer Gestalt im Gefängnis-Krankenhaus und sei dem Tod nahe, berichtet SHAUN WALKER für den Guardian. „‚Ich bitte darum, nach Polen verlegt zu werden, denn es ist klar, dass ich in einem georgischen Krankenhaus sterben werde‘“, seien die Worte des ehemaligen georgischen Präsidenten, die er auf einem Papier gekritzelt seinen Anwälten mitteilen ließ. Saakaschwili führte vor zwei Jahrzehnten die Rosenrevolution in Georgien an. Seine anschließende west- und EU-orientierte Präsidentschaft wurde 2008 durch die russische Invasion in Georgien beendet. „Die Inhaftierung und der rapide Niedergang eines Mannes, der sein Land auf den Weg der EU- und NATO-Integration gebracht hat, wird von vielen westlichen Verbündeten Georgiens als Symbol für das Abdriften des Landes zurück in den Einflussbereich Moskaus gesehen. Während die georgische Gesellschaft nach wie vor entschieden pro-westlich eingestellt ist, wird der Regierung vorgeworfen, heimlich die Wünsche Russlands zu erfüllen.“ Viele sähen in der Inhaftierung Saakaschwilis den Abschluss eines Rachefeldzuges seines politischen Rivalen, der in den 1990er-Jahren in Russland reich gewordene georgische Oligarch Bizdina Iwanischwili. „Saakaschwili wirft Iwanischwili vor, ihn auf Putins Befehl hin verhaften zu lassen. Putin verachtete Saakaschwili und erklärte in einem Gespräch mit dem damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zur Zeit des Krieges 2008, er wolle ihn ‚an den Eiern aufhängen‘.“
In der Türkei finden am 14. Mai Präsidentschaftswahlen statt. Erdoğans Herausforderer Kılıçdaroğlu läutet nun die heiße Phase des Wahlkampfs ein, indem er sich in einem Video als Alevit bekennt, erläutert der Auslandskorrespondent der taz JÜRGEN GOTTSCHLICH. Das Video auf Twitter – indem Kılıçdaroğlu folgendes sagt: „Ich bin ein Alevit. Ich bin ein aufrechter Muslim, der im Glauben an den Propheten Mohammed und an Ali erzogen wurde.“ – sei in der türkischen Gesellschaftsdebatte „wie eine Bombe“ eingeschlagen. Die Offenbarung Kılıçdaroğlu käme einem Tabubruch gleich. Aus Angst vor Diskriminierung würden die Angehörigen dieser muslimischen Glaubensgemeinschaft in der Regel nicht offen über ihre Religion reden. „Viele sunnitische Gläubige, die die Basis von Präsident Recep Tayyip Erdoğans Wählendenschaft bilden, halten AlevitInnen für HäretikerInnen, die schlimmer sind als Ungläubige.“ Dabei seien 15 bis 25 Prozent aller TürkInnen alevitischen Glaubens. Kılıçdaroğlu setze im Wahlkampf vorrangig auf die Überwindung der Spaltung im Land, wohingegen Erdoğan hauptsächlich seine AnhängerInnen anspricht und abstrakt die Größe der Türkei beschwöre.
Deutschland
Bei den Salonkolumnisten schreibt BERND RHEINBERG über das neu erschienene Buch „Die Moskau-Connection“. Das von den Journalisten Reinhard Bingener und Markus Wehner „so gut recherchiert und spannend geschriebene“ Buch bringe rund um das Netzwerk des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder Licht ins Dunkle. Nach der Lektüre bleibe man fassungslos zurück: „Besonders verdrießlich kann es einen machen, wenn man sieht, dass die Protagonisten dieses Skandals einfach weitermachen, dass ihnen immer noch Sendezeiten und Zeitungsseiten zur Verfügung gestellt werden. Ja, es machen einfach alle weiter, als wäre nichts gewesen, sie bekommen alle noch volle Aufmerksamkeit, sie können sich weiter selbst beweihräuchern und ihre falschen Geschichten verkaufen, vielleicht ein ‚Mea Culpa‘ flüstern, dann neue Pläne machen, sie sind einfach nicht still, die Mikros immer noch offen, es sind schamlose und törichte Zeiten.“ Es wäre längst Zeit für einen Untersuchungsausschuss gewesen.
Kunst
Der deutsche Künstler Boris Eldagsen hat einen Preis der „Sony World Photography Awards“ gewonnen. Daraufhin machte er öffentlich, dass jenes Bild KI-generiert sei, erzählt ZOE WILLIAMS für den Guardian. Am Ende hätte die Jury zwar darauf insistiert, dass sie dies von Anfang an gewusst hätte. Doch auch wenn sie auf Eldagsens KI-Bild hereingefallen sein sollte, sehe dieser durch KI keine Gefahren für die Kunst. Für Eldagsen funktioniere die KI-Erstellung von Bildern ähnlich zu Platons Theorie der Formen: „[…] Zum Beispiel [gibt] es eine ideale Version eines Tisches und jede reale Interpretation eines Tisches [ist] lediglich eine Imitation, eine Version der ursprünglichen Idee. [Dies] wird in den Algorithmus ausgelagert, der alle Interpretationen speichert und das Wissen unseres kollektiven Unbewussten enthält.“ Nach Elgagsen Ansicht würden KIs also nicht – wie viele Leute kritisieren – kopieren oder stehlen, sondern „‚die platonische Theorie‘“ lernen und anwenden.
Medien
NORA BOSSONG kritisierte die Veröffentlichung und die Debatte um die privaten Meinungsäußerungen des Springer-CEO Döpfner scharf. In einem Beitrag für die taz erklärtsie nun warum: „In einem Interview zur Affäre [die Meinungsäußerungen in den von der ZEIT veröffentlichen Chats von Döpfner, Anm. d. R.] stichelte ich, ob es nicht auch Whatsapp-Chats von taz-Redakteuren gäbe, die die FDP unter 5 Prozent wünschten, aktuell kein hochgestecktes Ziel. Die Entrüstung war groß. Natürlich war meine Bemerkung überspitzt. Aber dass die taz ebenso parteipolitisch tendenziös ist wie die [Zeitung Die] Welt, halt links statt rechts, kann nur bestreiten, wer seine eigene Weltsicht für objektiv hält.“ Die Geschichte der Medien sei eine der politischen Einflussnahme. Denn schon immer hätte auch eine bestimmte Nähe zu politischen Parteien bestanden. Grundsätzlich sei dies gar nicht so schlecht, stärke es doch die Meinungspluralität. Lediglich die Öffentlich-Rechtlichen, nicht aber privatwirtschaftliche Medienhäuser, seien klar der Überparteilichkeit verpflichtet. „[Und] ganz abgesehen von der Frage, ob man hier sensationsdoof den Rachefeldzug Julian Reichelts mitspielt, darf man die Verschiebung der Berichterstattung immer weiter in die Privatsphäre hinein nicht zu leicht nehmen. Die Gedanken sind frei, hieß es mal. Das muss dann auch für Leute mit rechtskonservativen und libertären Ansichten gelten. Oder wollen wir jede Bemerkung, die nie für eine Öffentlichkeit, sondern für vertraute Adressaten bestimmt war, einer Gesinnungsprüfung unterziehen?“
Technik und Zuversicht
NICK REIMER stellt in der taz vier spannende und „revolutionäre“ Technologien der Photovoltaik vor. Noch in den 2000er sei jedes vierte Solarmodul weltweit „Made in Germany“ gewesen. Unter Angela Merkel wären die Förderungen dann massiv gekürzt worden, was dazu geführt hätte, dass der deutsche Anteil unter die Einprozentmarke fiel. Der Rest ist bekannt, momentan kommt fast jedes Solarmodul aus China. Doch jetzt gebe es mit neuen deutschen Technologien wieder Hoffnung, den Solarmarkt zu revolutionieren.
Da wäre unter anderem ein Unternehmen, dass eine Art „Solarfolie“ herstelle. Die Zellen dieser „Solarfolien“ würden auf der „organischen Chemie“ beruhen. Das knappe Silizium und Aluminium würden dafür nicht benötigt. Zudem seien die Folien „superdünn, biegsam, ultraleicht“ und angeblich durch Rückseitenkleber von jedermann montierbar.
Eine andere Firma habe ein Modul entwickelt, welches erst einmal wie ein ganz normales aussehe. Das spannende könne man auf der Rückseite entdecken. Dort sei die Struktur eines Wärmetauschers zu erkennen. Denn diese Solarzelle produziere Strom und Wärme gleichzeitig. Deswegen ginge es mit diesen Solarzellen nicht so sehr darum, noch zusätzlichen Strom ins Netz einzuspeisen, sondern eine Wärmepumpe zu versorgen, die so klimaneutraler betrieben werden könne.
Zum Schluss
STEPHAN LEHNSTAEDT erinnert in der FAZ an einen der „bekanntesten Akte jüdischen Widerstands“ gegen den Holocaust: den Aufstand im Warschauer Ghetto. „Den Kämpfern war die Aussichtslosigkeit ihrer Lage bewusst – ihnen ging es um die Wahrung ihrer Würde.“
Die Website atlas.lastseen.org führt einen Bildatlas mit den seltenen Fotos von Deportationen aus dem „Reichsgebiet“ von 1938 bis 1945.