Kurz und knapp
Dokumente des amerikanischen Geheimdienstes, die den Krieg in der Ukraine betreffen, wurden unbefugt veröffentlicht. Das FBI hat einen Verdächtigen festgenommen.
An diesem Samstag, den 15. April, sollen die letzten drei aktiven Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden. Die Tagesschau berichtet, dass laut einer Umfrage des „DeutschlandTrend“ für das ARD-Morgenmagazin eine Mehrheit von 59 % in der Bevölkerung den Ausstieg aus der Atomkraft falsch findet.
Macron gibt nach seiner China-Reise noch im Flugzeug Journalisten ein Interview. Während China mit Kriegsschiffen eine Seeblockade Taiwans simuliert, spricht Macron davon, dass die EU nicht mehr ein Vasall der USA sein sollte und schenkt Xi Jinping ein außenpolitisches Propaganda-Fest.
Gesundheits-Minister Karl Lauterbach und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir haben ein Eckpunktepapier zur Cannabis-Legalisierung vorgestellt.
Deutschland
Blätterwald: Die Geschichte des politischen Atomaustiegs in Deutschland ist wohl zu lang und komplex, als dass sie hier in einem kurzen Meinungs-Kommentar untergebracht werden kann. Doch ein kleiner Gedanke sei mir an dieser Stelle gestattet: Warum lässt man eher CO₂ schleudernde Kohlekraftwerke laufen, als Wasserdampf ausscheidende Atomkraftwerke? Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich sehe nach jetzigem Wissensstand keine Zukunft für die Atomkraft. Ich denke auch, dass sie im Betrieb gefährlich ist, hohe finanzielle Kosten birgt und keine vernünftige Endlager-Lösung existiert. Aber wir sprechen hier ja nicht davon, Atomkraftwerke wieder anzuschalten oder gar neue Atomkraftwerke zu bauen. Nein, es geht nur darum, gerade noch aktive Atomkraftwerke etwas weiterlaufen zu lassen, damit jede fossile Energiegewinnung möglichst vermieden wird. Und natürlich muss dann auch dafür gesorgt werden, dass klimaneutrale erneuerbare Energien schnell weiter ausgebaut werden. Damit man in Zukunft auch endlich die letzten (deutschen) Atomkraftwerke ausschalten kann.
Für DANIEL DECKERS von der FAZ ging bei der Abfassung der Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung „vermutlich nicht immer alles mit rechten Dingen zu“. Die Legalisierung sei eine Verdrehung der Tatsachen: „[Egal] ob vom Dealer oder künftig vom Fensterbrett, aus dem Club oder aus dem Fachgeschäft: Cannabis ist eine psychoaktive Substanz, deren Schädigungspotential bis weit in die Adoleszenz hinein hoch ist und deren Suchtpotential noch lange darüber hinaus. Aus diesen gesundheitspolitischen Gründen und nicht aus einer dumpfen Lust an einer ‚Kriminalisierung‘ hat der Gesetzgeber an der Strafbarkeit von Besitz und Erwerb von Cannabis festgehalten.“
Blätterwald: Eine der letzten heiligen Kühe der Konservativen, welche die FAZ an jeder möglichen Stelle mit Eifer verteidigt, ist die Illegalität von Drogen, insbesondere die von Cannabis. Vor kurzem las ich in der FAZ, das für Joint verwendete Synonym „Rauschgiftzigarette“. Da musste ich doch etwas lachen, dass für den eigenen Standpunkt schon solche künstlichen Kampfbegriffe benötigt werden. Natürlich darf man bei einer Legalisierung nicht den Jugendschutz aus den Augen verlieren. Aber dieser existierte bei der alten Gesetzeslage auch schon nicht wirklich. Junge Menschen können sich teilweise einfacher 1 Gramm Gras mit hochgezüchtetem THC-Gehalt besorgen, als dass sie an hochprozentigen Alkohol herankommen. Trotzdem kann man eine Legalisierung auch falsch angehen. Denn warum – wie es das neue Eckpunktepapier vorsieht – 18-Jährige dadurch geschützt sein sollten, dass sie sich im Monat nur 30 Gramm (rauch mal 1 Gramm am Tag…) statt den ab 21 Jahren erlaubten 50 besorgen dürfen, erschließt sich mir nicht. Es sind sich wissenschaftlich eigentlich alle einig, dass sich ein Gehirn bis mindestens 21 noch in der Entwicklung befindet. Also wäre jede Abgabe unter 21 Jahren medizinisch betrachtet nicht zu rechtfertigen. Aber wissen Sie, welche Substanz sich ebenfalls (sehr!) negativ auf die Entwicklung des Gehirns auswirkt und darüber hinaus noch ein Leben lang? Genau, Alkohol! Solange die FAZ also nicht anfängt, genauso von „Rauschgiftgetränken“ zu sprechen, kann ich ihre Kommentare zur Cannabis-Legalisierung nicht wirklich ernst nehmen.
Die ZEIT, CATHRIN GILBERT und HOLGER STARK, bringt einen längeren Artikel über den Springer-Verlag-Chef Mathias Döpfner in dem viele Aussage Döpfners aus privaten Chats zitiert werden, welche einen Einblick in seine absurde Weltsicht geben.
International
„Was redet er [Macron ist gemeint, Anm. d. Red.] da?“, fragt HUBERT WETZEL in einem Kommentar der SZ. Der französische Präsident hätte in dem Interview wohl kaum gepatzt, schon gar nicht wäre er falsch zitiert worden. Denn das Interview wäre Wort für Wort vom Élysée-Palast geprüft und freigegeben worden. Stattdessen hätte er anscheinend bewusst ein „umfassendes Desaster“ angerichtet: „Macrons Gerede von der autonomen Macht Europa, die Äquidistanz zu Amerika und China halten müsse, war nicht nur mit den anderen EU-Regierungen nicht abgestimmt. Sondern es war geradezu eine Attacke auf die europäische und die transatlantische Einheit. Macron verwendete dafür das dümmste und staubigste Argument aus der gaullistischen Mottenkiste – dass die Europäer sich aus der vermeintlich ewigen amerikanischen Bevormundung lösen müssten. Mit seinem Interview hat der französische Präsident einen Keil in Europas Beziehung zu den USA getrieben und zugleich einen Graben quer durch Europa aufgerissen. So viel Schaden mit ein paar Sätzen anzurichten, muss man erst mal schaffen.“
FABIAN KRETSCHMER berichtet für die taz aus China über dessen bedrohtes Wachstumsmodell. Seit Kurzem sei es offiziell: Indien hätte China als bevölkerungsreichstes Land überholt. Lange Zeit hätte China von der großen Bevölkerung maßgeblich für sein rasantes Wirtschaftswachstum in Form vieler billiger Arbeitskräfte profitiert. Doch nun würde das chinesische Volk das erste Mal seit den 1969er Jahren schrumpfen. Zunächst sei diese Entwicklung durch die große Überbevölkerung noch kein Problem. „Wirtschaftlich betrachtet jedoch ist der Bevölkerungsschwund eine Bedrohung. Das Durchschnittsalter der Chinesinnen und Chinesen betrug im Jahr 1978 – zu Beginn der ökonomischen Reformen – 20 Jahre, derzeit liegt es mit 39 Jahren bereits knapp doppelt so hoch. Kommt derzeit noch auf vier Arbeiterinnen und Arbeiter nur ein Mensch in Rente, wird das Verhältnis bis zum Ende des Jahrhunderts eins zu eins sein. ‚Wei fu xian lao‘ lautet die weitverbreitete Angst der Staatsführung. Übersetzen lässt sich das in etwa mit: ‚Alt werden, bevor man reich wird.‘“
Es scheint immer wahrscheinlicher, dass sich die Republikaner nicht aus dem Zwang Trumps befreien und ihn möglicherweise als Präsidentschaftskandidat für die Wahl 2024 aufstellen. Gleichzeitig ist Präsident Biden kurz davor, seine erneute Kandidatur bekannt zu geben. Trump möge denken, dass die Anklage gegen ihn seine Chancen für den Präsidentschaftswahlkampf verbessert hätte. Doch er irre, meint ROBERT REICH im Guardian. In den Umfragen läge Trump seit der Anklage zwar in der Tat vor seinem republikanischen Rivalen DeSantis. Doch bei einer Wahl zwischen Trump und Biden würden eher die Demokraten gewinnen. Das liege daran, dass die Wahl 2024 durch diejenigen entschieden würde, welche sich als unabhängig bezeichnen würden. Diese „Unabhängigen“ würden 40 % der amerikanischen Wähler ausmachen – „ein größerer Prozentsatz als bei den selbst ernannten Republikanern oder Demokraten“. Und dieser Anteil nehme stetig zu, da sich junge Menschen mit keiner der beiden Partien mehr identifizieren würden. Der gemäßigter wirkende DeSantis könnte da eine größere Gefahr als Trump sein, würden ihn Unabhägige doch möglicherweise wählbarer als Trump ansehen. Bliebe es allerdings bei Trump und seiner spaltenden Hetze als republikanischer Kandidat, würden sich die meisten am Ende auch 2024 wohl für das kleinere demokratische Übel entscheiden.
Wirtschaft
Wir alle würden die Inflation viel zu sehr als gegeben ansehen, meinen CHRIS BRYANT und ANDREA FELSTED bei Bloomberg. Früher hätten die Menschen bei zu stark steigenden Preisen vor den Geschäften protestiert. Jetzt sei es an der Zeit, dass auch die heutige Generation von Verbrauchern sich stärker gegen unnötige Preiserhöhungen wehrt. Hohe Unternehmensgewinne würde die Inflation anheizen. [Viele Unternehmen machen höhere Gewinne als sonst, da sie die Preise stärker erhöhen, als das eigentlich zur Deckung der gestiegenen Kosten nötig wäre. Nicht nur heizen die (zu) hohen Preise die Inflation an, weil Arbeitnehmer, um das bezahlen zu können, höhere Löhne fordern, in dessen Folge Unternehmen wiederum zur Finanzierung der Löhne die Preise erhöhen, was als Preis-Lohn-Spirale bezeichnet wird. Durch die (zu) hohen Preise können die Unternehmen auch – bei gleichem Gewinn – weniger verkaufen, was das Angebot künstlich verknappt und ebenfalls die Inflation anheizt. Ein geringes Angebot gegenüber einer großen Nachfrage bewirkt dann eine steigende Inflation). Anm. d. Red.]. Durch Konsumbeschränkungen oder anderen öffentlichen Medien-Kampagnen gegen die ungerechtfertigten Preiserhöhungen von Unternehmen könnten wir diese dazu zwingen, die Preise realistischer anzupassen, was wiederum die Inflation hemmen würde, und das ganz ohne massive Zinserhöhungen und damit unnötige Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen zu müssen.
Medien
In der westlichen Medien-Welt sei die russische Propaganda seit Kriegsbeginn in der Ukraine zwar weitestgehend verbannt worden, erzählt H.A. HELLYER in einem Kommentar auf Politico. Doch in der arabischen Welt und im weiteren Nahen Osten würde Russia Today großes Gehör finden. Geschichten wie die Flucht Zelenskys zu Kriegsbeginn, geheime Labors zur Entwicklung von biologischen Waffen in der Ukraine oder dass die Weizenkrise eher der EU und der USA zuzuschreiben seien, finde man zuhauf in den sozialen Medien in der arabischen Welt. „Die besondere Macht der sozialen Medien besteht darin, dass sich Geschichten wie diese oft selbst tragen und eine Eigendynamik entwickeln, wie ein Stein, der einen Hügel hinunterrollt. Jede Geschichte, die mit ausreichend populären Schlagwörtern verpackt ist und sich an der Empörung entfacht, kann über Wochen und Monate hinweg bekannt bleiben und allein durch ihre Langlebigkeit einen gewissen Grad an Legitimität erlangen.“ Sputnik und vor allem Russia Today Arabic seien im Nahen Osten mittlerweile „so bekannt wie einst in Europa“, der Sender sei nun einer der fünf meist gesehenen Nachrichtensender in der Region. Die Social-Media-Plattformen von RT Arabic kämen auf 804 Millionen Aufrufe. „Doch trotz alledem bleibt es dabei, dass in den westlichen Hauptstädten die selbstbewusste Gegenerzählung zur russischen Propaganda so allgegenwärtig ist, dass wir uns oft nur schwer vorstellen können, wie wenig sie anderswo vernommen wird – dies sollte uns also ein Weckruf sein, um zu verstehen, wie die russische Propaganda anderswo voranschreitet.“
FRIEDERIKE HAUPT denkt in einem Kommentar der FAZ darüber nach, ob „Deepfakes“ eine bahnbrechende Revolution der Bildbearbeitung bedeuten. Viele Erfindungen sein nicht deshalb bahnbrechend gewesen, weil sie etwas völlig Neues möglich gemacht hätten. Sondern, weil sie etwas schon existierendes schneller und einfacher möglich machten als je zuvor. So sei dies auch bei „Deepfakes“, die künstliche Bearbeitung bzw.Fälschung von Bildern durch KI. Noch seien es harmlose Beispiele, wie der Papst im weißen Luxus-Parka. Doch jetzt, da die nötigen Anwendungen für fast jeden und wenige Euro zugänglich seien, käme die Gefahr des Missbrauchs zum Vorschein. Bundestagsabgeordnete der AfD hätten damit begonnen, „Deepfakes“ politisch einzusetzen. „Sie ließen die Programme künstliche Fotos von arabisch aussehenden Männern mit wutverzerrten Gesichtern erzeugen, außerdem einen wahnwitzig blickenden Gesundheitsminister Karl Lauterbach und ein deutsches Mütterchen im Rollstuhl, hoffnungsloser Blick, kein Wunder, es musste ‚Platz für Migranten‘ machen.“ Die ganze Flut an Bildern im Internet, sowie die täuschend echten Fälschungen könnten dazu führen, dass Menschen vor der Frage, was eine Fälschung sein könnte, kapitulieren. Und wenn sie dann zu dem fatalistischen Schluss kämen, „dass man ohnehin nichts mehr glauben könne“, würde das alles endgültig die Demokratie bedrohen, welche doch gerade auf Vertrauen gründe.
Recht
RONEN STEINKE erklärt in der SZ das Schöffenamt, für das der Staat jetzt wieder händeringend neue Menschen suche. In der letzten 5-jährigen Amtszeit seien es 60.000 Bürgerinnen gewesen, die in den 753 Strafgerichten des Landes über Schuld und Strafe mitentschieden hätten. Doch wer da zukünftig im Namen des Staates Urteile fällen dürfe, interessiere den Staat kaum. Welche Menschen als Schöffen gewählt würden, entscheide sich nicht bei Gericht, sondern in den Kommunen. Diese kontrollierten aber kaum, wer da käme – ein DINA4-Bogen mit Angaben der Personalien und Beruf würde für die Bewerbung ausreichen. So hätten sich in der Vergangenheit auch Leute freiwillig gemeldet, die nicht so ganz auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Ordnung stünden. „In Köln warb die AfD mit dem Slogan: ‚Werdet Schöffen und sorgt für Gerechtigkeit in Strafprozessen‘. Die NPD postete: ‚Der Rechtsstaat braucht uns – werdet Schöffen!’“ Schöffen braucht es wirklich, allerdings gute und verantwortungsbewusste. Sie bringen eine bürgernahe Note in die Gerichte und können auch erdend auf die hohe Justiz wirken. Dass dies manchmal nötig ist, zum Beispiel, wenn Richterinnen einfach so ihre unsachliche persönliche Meinung kundtun, erzählt STEINKE in seiner Kolumne „Vor Gericht“ hier.
Zum Thema Schöffen gibt ANNA FISCHHABER Protokolle von Menschen wieder, welche als Schöffen im Laienrichter-Amt tätig sind.
INGRID SIEBENEICHER erzählt, dass sie einfach so vorgeschlagen wurde. „Ablehnen kann man dann eigentlich kaum mehr […].“ Schöffen hätten viel Verantwortung zu tragen. „Man muss ein Urteil mit dem eigenen Gewissen vereinbaren können, wir entscheiden über Menschenleben.“
BERND HUBER berichtet über die Zweifel des Gewissens: „Im Zweifel muss es heißen: in dubio pro reo [lateinischer Grundsatz des Strafrechts, übersetzt: Im Zweifel für den Angeklagten, Anm. d. Red.], auch wenn das nicht immer befriedigend ist. Ich erinnere mich an einen Fall, es ging um eine vermeintliche Sexualstraftat durch den Lebenspartner. Die Frau war psychisch erkrankt, laut Gutachter war sie in der Wahrnehmung so eingeschränkt, dass es nicht sicher war, ob die angezeigte Vergewaltigung so stattgefunden hat. Wir haben den Mann dann freigesprochen. Danach habe ich mich schon gefragt: Was, wenn die Frau doch recht hatte?“
NILGÜN UZUN-WULFMEIER hat ebenfalls als Schöffin sonderbare Erfahrungen gemacht. Sie sei gebürtige Türkin, aber aufgewachsen und beheimatet in Deutschland sowie deutsche Staatsbürgerin. „Eine Vorsitzende fragte einmal, ob ich befangen wäre, einen Landsmann – es ging um einen Türken – zu verurteilen. Oder ob ich dann Repressalien von der Gegenseite befürchte. […] Ein anderes Mal hat der andere Schöffe gesagt, dass der Angeklagte mit seinem "südländischen" Erscheinungsbild ihm nicht zusage, der Berufsrichter hat ihm dann schnell seine Grenzen aufgezeigt.“
Zum Schluss
Der Twitter-Account „All The Right Movies“ (@ATRightMovies) bringt auf Englisch einen sehr interessanten Thread über die Hintergründe der Produktion des Film-Klassikers „2001: A SPACE ODYSSEY“, welcher vor 55 Jahren veröffentlicht wurde. „Acclaimed as one of the greatest and most influential films to come out of Hollywood, the making of story behind Stanley Kubrick’s classic is as epic as the film itself.“